Blitzen bei Tageslicht – Blitz & Available Light kombinieren
Oder: Warum ich mittags bei greller Sonne am liebsten fotografiere
Kommen wir zu meinem Lieblingsthema – und zu einem Punkt, bei dem ich oft ungläubig angeschaut werde: Blitzen bei Tageslicht.
Ja, du hast richtig gelesen. Mit Blitz. Bei Sonne. Um zwölf Uhr mittags.
Und ich liebe es.
Denn auch wenn es viele für einen „fotografischen Albtraum“ halten – grelles Mittagslicht ist kein Feind. Es ist eine Bühne. Und mit einem Blitz in der Hand wird’s richtig spannend.
Warum bei Tageslicht blitzen?
Die meisten denken beim Blitzen an dunkle Räume oder den Sonnenuntergang. Aber: Ein Blitz ist nicht nur zum Aufhellen da.
Er ist ein Werkzeug zur Gestaltung. Und gerade bei strahlender Sonne, wo alles gleichmäßig und grell ausgeleuchtet ist, bringt der Blitz gezielt Tiefe, Form und Fokus ins Bild.
Was du mit Blitz bei Tageslicht machen kannst:
- Dein Motiv hell und präsent, der Hintergrund bewusst unterbelichtet und dramatisch
- Gegenlicht meistern: Die Sonne von hinten – dein Blitz gleicht das aus
- Kontraste kontrollieren, statt ihnen ausgeliefert zu sein
1. Umgebung dunkel – Motiv hell
Das klingt erstmal widersprüchlich, ist aber ein echter Hingucker.
Du stellst deine Kamera so ein, dass die Umgebung leicht unterbelichtet ist – also z. B. Himmel und Gebäude etwas dunkler erscheinen. Dann setzt du mit dem Blitz dein Motiv ins Licht. Ergebnis: Das Hauptmotiv springt aus dem Bild heraus – ein Look, der auffällt und sich von der Masse abhebt.
- 1/250 f10 ISO160
Tipp: Nutze den manuellen Modus an der Kamera. Erst Umgebung richtig belichten – dann Blitz dazuschalten.
2. Krasses Gegenlicht – trotzdem volle Kontrolle
Wenn die Sonne direkt hinter deinem Motiv steht, passiert normalerweise folgendes:
Entweder ist der Himmel schön, aber dein Motiv ist zu dunkel – oder dein Motiv ist okay, aber der Himmel total ausgebrannt.
Mit Blitz kannst du beides behalten.
Du stellst die Kamera so ein, dass der Himmel korrekt belichtet ist – und der Blitz bringt dann die nötige Helligkeit ins Gesicht.
So bekommst du Details in den Schatten, ohne die Lichter zu verlieren.
- 1/8000 f2,0 ISO160
Und jetzt wird’s technisch: High-Speed Sync oder Graufilter
Die Herausforderung: Um das helle Tageslicht mit offener Blende zu nutzen (z. B. f/2.8 für schöne Hintergrundunschärfe), müsstest du eine sehr kurze Verschlusszeit wählen – oft kürzer als die normale Blitz-Synchronzeit (z. B. 1/1000 s oder 1/2000 s).
Lösungen:
- High-Speed Sync (HSS): Dein Blitz zündet mehrfach während der Belichtung → Du kannst superkurze Zeiten nutzen, aber verlierst etwas Blitzleistung.
- Graufilter (ND-Filter): Reduzieren das Licht insgesamt, sodass du mit offener Blende bei längerer Belichtungszeit arbeiten kannst → Der Blitz hat wieder genug Raum, um zu wirken.
3. Die Füllblitz-Technik – kleine Geste, große Wirkung
Oft brauchst du gar nicht volle Blitzpower. Manchmal reicht ein sanfter Füllblitz, um Schattenpartien leicht aufzuhellen – z. B. unter den Augen, bei starkem Sonnenlicht von oben.
- Stell den Blitz auf geringe Leistung (z. B. 1/16 oder TTL mit -1 EV)
- Lass die Umgebung dominieren – der Blitz hilft nur ein bisschen nach
- Perfekt für Porträts oder natürliche Looks bei harten Lichtverhältnissen
- 1/30 f16 ISO160
4. Mischlichtsituationen – Lichtfarben kontrollieren
Wenn du mit Blitz in eine bereits beleuchtete Szene eingreifst (z. B. Sonne + Schaufensterlicht), hast du verschiedene Farbtemperaturen im Bild.
Das kann cool aussehen – oder völlig chaotisch.
Tipps zur Kontrolle:
- Blitzlicht ist tageslichtähnlich (ca. 5500 K) – passe den Weißabgleich deiner Kamera entsprechend an
- Wenn du mit wärmerem Umgebungslicht arbeitest (z. B. Glühbirne), kannst du eine CTO-Folie (orange) auf den Blitz kleben, um die Lichtfarbe anzugleichen
- Oder du machst es absichtlich kontrastreich: z. B. kalter Blitz gegen warmen Sonnenuntergang
5. Beispielhafte Bildideen
Shootingidee 1: Drama bei Mittagssonne
Motiv steht vor dunkler Fassade, Sonne scheint von oben → Kamera auf -1 EV, Blitz frontal (hart oder mit Schirm) → Motiv leuchtet, Umgebung düster
Shootingidee 2: Backlight in der Natur
Sonne im Gegenlicht, Motiv mit Blitz von vorne → sanfte Hauttöne, leuchtende Haare, goldene Atmosphäre
Shootingidee 3: Urban Editorial
Starke Sonne, ND-Filter auf dem Objektiv, Blitz mit Softbox seitlich → Mischung aus weichem Licht und hartem Kontrast – wirkt wie aus einem Magazin
Fazit: Blitzen bei Tag? Unbedingt!
Die grelle Mittagssonne ist kein Grund zur Panik – sie ist deine Bühne. Wenn du lernst, den Blitz mit dem vorhandenen Licht zu kombinieren, hast du die volle kreative Kontrolle.
Du musst nicht warten, bis die Sonne untergeht – du machst dein eigenes Licht, jederzeit.160