Oder: Warum ein Blitz nicht einfach nur „hell macht“
Stell dir vor, du bekommst zwei Fotos von derselben Person.
Beide gut belichtet, scharf, gleicher Hintergrund – aber eins wirkt sanft und schmeichelhaft, das andere hart und direkt.
Der Unterschied? Nicht das „wie viel“, sondern das „wie“ des Lichts.
In der Fotografie zählt nicht nur, dass du Licht hast, sondern welche Qualität es hat. Und die kannst du beeinflussen – besonders mit Blitz.
Direkt vs. indirekt – ein kleiner Unterschied, große Wirkung
Ein direkter Blitz ist wie eine Taschenlampe ins Gesicht:
Hart, grell, macht kleine Pupillen, harte Schatten, glänzende Haut. Man erkennt sofort: Da wurde geblitzt.
Ein indirekter Blitz dagegen – z. B. über die Decke oder eine Wand reflektiert – ist wie Tageslicht durch ein Fenster mit Vorhang. Weich, flächig, schmeichelnd. Fast unsichtbar.
Das Schöne: Mit ein bisschen Technik kannst du dein Blitzlicht so formen, wie du willst.
Bouncen – Licht um die Ecke schicken
Ein einfacher Trick: Lass das Licht von etwas anderem zurückkommen.
- Decke: Ideal, wenn sie weiß und nicht zu hoch ist → Das Licht kommt von oben, breit gestreut – wie weiches Raumlicht.
- Wand: Für seitliche Ausleuchtung – besonders bei Porträts sehr natürlich.
- Reflektor: Kontrollierter als Wand/Decke, mobil einsetzbar.
Tipp: Nicht gegen farbige Wände blitzen (z. B. grün oder rot) – sonst bekommst du Farbstiche.
Was bestimmt die Qualität des Lichts?
1. Die Größe der Lichtquelle
Die wichtigste Regel:
Je größer die Lichtquelle (im Verhältnis zum Motiv), desto weicher das Licht.
Eine Softbox direkt vor dem Gesicht = weich
Ein kleiner Blitz aus 3 m Entfernung = hart
Das liegt daran, dass eine größere Fläche mehr Winkel ausleuchtet – dadurch verschwimmen Schattenkanten.
2. Die Form der Lichtquelle
Die Form beeinflusst, wie Licht reflektiert wird:
- Rund: klassische Augenreflexion, oft natürlich wirkend
- Rechteckig: erinnert an Fenster – ideal für Lifestyle- oder Mode-Looks
- Schmal / Streifenform: betont Linien, eignet sich für Körperkonturen, Produktfotografie
Siehst du oft in Brillenreflexionen oder Catchlights in den Augen – dort kann man oft schon „den Lichtformer erraten“.
3. Der Abstand zum Motiv
Auch hier eine simple Faustregel:
Je weiter weg die Lichtquelle, desto kleiner erscheint sie → härter wird das Licht.
Ein großer Schirm wirkt nur weich, wenn er nah genug dran ist. Sonst ist er eben auch nur ein kleiner Punkt im Raum.
Beispiel: Ein Beautydish aus 2 m Entfernung wirkt wie ein kleiner, harter Lichtspot. Aus 50 cm Entfernung dagegen – wunderbar weich mit schönem Kontrast.
Lichtformer – das Werkzeug zum Lichtformen
Hier ein kurzer Überblick:
Lichtformer | Wirkung |
---|---|
Softbox | Weich, kontrolliert, flächig |
Beauty Dish | Weich, aber mit Kontrast – ideal für Gesichter |
Durchlichtschirm | Weit gestreut, diffus, braucht Platz |
Reflexschirm | Härter als Durchlicht, gerichteter |
Snoot | Spot-Effekt – konzentriertes Licht auf kleinen Bereich |
Grid (Wabe) | Licht wird gerichtet, ohne zu streuen – gut für Akzente |
Natürliches Licht imitieren – mit Blitztechnik
Willst du aussehen wie bei Fensterlicht, ohne eins zu haben? Kein Problem.
Shootingidee:
- Blitz durch einen weißen Durchlichtschirm
- Position seitlich leicht erhöht (wie Sonne oder Fenster)
- Hintergrund leicht unterbelichten➤ Sieht aus wie ein Porträt am Fenster – ist aber komplett künstlich erzeugt.
Oder umgekehrt:
Surreale Lichtwirkung am Tag:
- Blitz mit engem Reflektor oder Grid
- Umgebung deutlich unterbelichten (z. B. 1/250 s, Blende 8)
- Blitz auf Person richten➤ Die Szene wirkt wie Nacht, obwohl es hell war.
Fazit: Lichtqualität ist Gestaltung
Blitzlicht ist kein Ein-Aus-Schalter. Es ist ein formbares Werkzeug, das du anpassen kannst – in Richtung weich oder hart, flach oder plastisch, neutral oder dramatisch.
Wenn du einmal verstehst, wie Lichtgröße, Form und Abstand zusammenwirken, hast du die Kontrolle.